Presseartikel

In der Rubrik Vereine hat der Achimer Kurier am 27.11.2016 in den Sonntagsausgaben einen Bericht über die Dorfgemeinschaft Borstel gebracht, den wir ihnen gerne hier nochmals bereitstellen.

Dorfgemeinschaft Borstel mit festem Zusammenhalt / Seit mehr als 30 Jahren wird gemeinsam gefeiert

Das Wir-Gefühl steht über allem

Gisela Enders 27.11.2016

Achim. Anlässe zum gemütlichen Beisammensein habe es natürlich immer gegeben, erklärte Martin Gerken, Vorsitzender der Dorfgemeinschaft Borstel, im Gespräch mit unserer Zeitung. „Die zwanglosen Zusammenkünfte anlässlich von Nachbarschaftsfesten oder goldenen Hochzeiten hätten in Ermangelung einer Gaststätte immer mal hier stattgefunden und auch mal dort. Jeder, der mitfeierte und über die entsprechenden Räumlichkeiten verfügte, war irgendwann dran“. 1980 jedoch habe das Interesse an der stets im Sommer stattfindenden Scheunenparty Ausmaße angenommen, die alle Erwartungen übertrafen. „Wurde zunächst mit etwa 50 Teilnehmern gerechnet, so flatterten in dem Jahr etwa fünfmal so viele Anmeldungen auf die Tische der ehrenamtlichen Organisatoren – eine enorme Herausforderung“.

Improvisieren und zupacken habe es angesichts des unerwarteten Interesses geheißen, ein voller Erfolg sei der Lohn für den außergewöhnlichen Einsatz gewesen. „Von der Party zum Dorfgemeinschaftsfest. Der Nachmittag mit frischem Butterkuchen, gefolgt vom Abend bei Wurst, Bier und Korn konnte sich sehen lassen. Getanzt wurde damals, den Erinnerungen der Älteren zufolge, bis in den frühen Morgen hinein zur Musik der „Keller-Boys“. Bei kaum mehr als 400 Bürgern lasse sich gut erkennen, dass der Zusammenhalt in Borstel schon damals recht groß gewesen sei, sagte Martin Gerken. „Und das ist auch heute noch so, wenn auch mit kleinen Einschränkungen“.

Lebt Gerken mit seiner Familie im 1938 errichteten Haus der Großeltern, hat auch Reiner Garbes dem Ort die Treue gehalten und bewohnt mit seiner Familie das Elternhaus der Ehefrau, das in den Neunzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts umgebaut und modernisiert worden ist. Auch für ihn sei es selbstverständlich, sich im Rahmen seiner Mitgliedschaft in die Arbeit für die Gemeinschaft einzubringen. „Auch, wenn mir als Vorsitzendem natürlich mehr Pflichten auferlegt sind, so sind wir doch alle gemeinsam aktiv und immer dabei, wenn es um die Vorbereitung oder Planung diverser festlicher Anlässe geht“, wandte sich Martin Gerken an Reiner Garbes.

Mit dem ersten Dorfgemeinschaftsfest war aufgrund des tollen Erfolges der Grundstein gelegt. Hätten die Pioniere damals nicht das Heft in die Hand genommen – wer weiß, wie sich das Dorfleben entwickelt hätte, ist in einer Chronik zu lesen. Einmal monatlich treffen sich nun die Mitglieder des Festausschusses – immer privat, denn es gibt in Borstel kein Gemeinschaftshaus und eben auch keine Kneipe.

Das war anders in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts, als Jan Bass noch die „Gaststätte zur ländlichen Erholung“ betrieb. 1898 fiel das Lokal dem „roten Hahn“ zum Opfer, kurz nach dem Wiederaufbau verpachtete der Inhaber es an die Eheleute Segelken, die ihren Kindern mitten im Zweiten Weltkrieg die Wirtschaft übergaben. Inzwischen waren die Zeiten so schlecht geworden, dass die Gäste ihren Schnaps immer öfter von zuhause mitbrachten, die Segelkens kassierten dafür ein geringes Korkgeld.

Wer diesen Obolus nicht zahlen wollte, ging dazu über, Flaschen in der Hecke vor dem Haus zu verstecken und sich an der frischen Luft das eine oder andere Schlückchen zu genehmigen. Das blieb natürlich nicht lange unentdeckt. Zu der Zeit gab es zur Freude der Dorfbewohner einen herrlichen Sommergarten und eine Freiluft-Kegelbahn, die sich überaus großer Beliebtheit erfreuten. Da häufig Bauern mit ihren Pferde-Gespannen Rast in Segelkens Gasthaus machten, wurden an der Außenwand des Gebäudes eiserne Ringe und eine Futterkrippe angebracht. Mitte der Siebziger schloss das Wirtshaus aus Krankheits- und Altersgründen. Ein Steakhaus, das es mittlerweile auch nicht mehr gibt, trat an seinen Platz. „Fein angezogen zu speisen, das traf nicht den Nerv der Borsteler, die einfach nur einen gemütlichen Treffpunkt für einen Klönschnack und ein kühles Bierchen wollten“, sind sich Gerken und Garbes einig.

Der nächste Anlass und gleichzeitig das letzte Treffen mit Freunden und Nachbarn in diesem Jahr wird der sogenannte Budenzauber sein, ein zünftiges Beisammensein, zu dem man zwischen Weihnachten und Neujahr zusammenkommt. Urige Holzhütten werden aufgebaut, für das leibliche Wohl wird gesorgt sein, und mit netten Gesprächen werde der „toten Zeit“, wie die beiden Männer die Tage zwischen Weihnachten und Silvester bezeichnen, ein wenig Leben eingehaucht. Dann rückt die traditionell gepflegte Kohltour ins Visier des Planungsteams.

„Borstel, wo sonst?“ lautet das Logo des Ortes, das seit jeher zu Achim gehört, südöstlich von Bremen liegt und wegen seiner hohen Windräder schon von weitem auszumachen ist. Dazwischen befinden sich Weiden, auf denen Kühe grasen, und mehrere landwirtschaftliche Betriebe. Groß ausbreiten werde sich der Ort wohl nicht mehr, lediglich Lücken würden zukünftig bebaut. Dadurch halte sich der Zuzug von Neubürgern in Grenzen, erklärte Martin Gerken.

Der Höhepunkt im gesellschaftlichen Leben der Borsteler ist nach wie vor das zweitägige Dorfgemeinschaftsfest. Etwa 20 Personen sind mit der Vorbereitung, dem Aufbau der Zelte und später auch mit deren Abbau beschäftigt. Die meisten Bewohner leisten einen Beitrag in Naturalien, backen Torten oder sorgen mit anderen Beiträgen für ein Gelingen der beiden feuchtfröhlichen Tage.

Nicht nur in guten Zeiten halten die Borsteler zusammen. Ein wichtiges Element im dörflichen Miteinander ist die Nachbarschaftshilfe. „Hülpe in Not un Dod“; dafür hätten die Menschen immer eingestanden, und noch heute haben viele Grundstücke ein Tor durch die Hecke des Nachbarn. Auch die junge Generation zeigt sich hilfsbereit und engagiert. „Bei den jährlich stattfindenden Müllsammelaktionen tragen Kinder und Jugendliche dazu bei, dass Borstel sich immer wieder von seiner guten Seite zeigt“, freut sich Martin Gerken.

Borsteler Marsch Etwa 100 Borsteler wandern zum Kohlessen 2012 und die Sonne lacht dazu. Zum 30. Kohlessen hat die Dorfgemeinschaft allen ein Glas mit der Aufschrift "Borstel - wo sonst" überreicht. (FR)