Aus der Chronik: Borstel im 20. Jahrhundert

von Hans Schneider

Die Aufzeichnungen beziehen sich auf Aussagen von verschiedenen Dorfbewohnern, besonders aber des Landwirts Hermann Thran (er hat sich von Jugend an viel mit der Vergangenheit von Borstel beschäftigt) und auf eine Abschlußarbeit der Mittelschule, welche die damalige Schülerin Gerda Röpke (heute Gerda Wolters) 1950 geschrieben hat.

Borstel war bis 1929 ein selbständiges Dorf mit eigenem Bürgermeister, der letzte war Hermann Jäger. Als Grund für die Eingemeindung des Dorfes zu Achim wurden Steuerschulden (vor allem beim Schulgeld) genannt. Der kleine Ortsteil Hassel gehörte seinerzeit auch zu Borstel. Hassel wurde nach dem Autobahnbau 1964 in Achim eingegliedert. Auch eine Ziegelei soll einstmals zwischen Borstel und Laheit bei Emsholz bestanden haben. Es war sogar ein Gelände für einen eigenen Schulbau vorgesehen - nämlich dort, wo heute der Bauernhof von Johann Ditzfeld am Alten Heerweg liegt. Der Bau mußte leider wegen der Schulden fallen gelassen werden.

Auch ein Kolonialwarengeschäft (Sophie Röpke) und eine Gast­wirtschaft (Segelken bis 1979) hatte unser Ort. Bei dieser Gastwirtschaft soll noch im 19. Jahrhundert ein Schlag­baum installiert gewesen sein, wo der Gaststätteninhaber sich als Geldeinnehmer betätigte und von den Postkut­scheninsassen ein Wegegeld kassierte. Um 1900 wurde die Borsteler Gastwirtschaft - damals im Besitz von Jan Baß - von Familie Segelken übernommen. Hierher ka­men in früheren Jahren sehr viele Spaziergänger aus Achim die Lindenalle (heute zum größten Teil abgeholzt) entlang nach Borstel, gingen im Park des Rittergutes spazieren und kehrten dann in der Wirtschaft ein. Die Achimer Schulklassen machten um die Jahrhundertwen­de und später ihre Ausflüge zu Fuß nach Segelken, wo dann eine „Brause" getrunken wurde. Das Pfingstfest wurde hier immer sehr groß gefeiert - mit Tanz und Feuerwerk sogar. In der späteren Zeit wurden hier auch viele andere Bälle abgehalten. Auf dem Gut von der Decken (im späteren Gutsarbeiterhaus) hatte sich früher ein An- und Verkäufer niedergelassen, bei dem es alles gab, was man an Obst, Gemüse und Pflanzen brauchte. Hier durften die Borsteler Bauern auch ihre Gartener­zeugnisse verkaufen.

Zwischen den beiden Weltkriegen lebten die Landwirte hier vor allem vom Roggen-, Hafer- und Kartoffelanbau (vor dem ersten Weltkrieg auch von wildem Buchweizen) und von der Viehwirtschaft: Rinder und Schafe. Die letzte Schafherde besaß Georg Mindermann, die Rinder wurden - so auch heute - zum größten Teil - außer im Winter - auf die Weiden in der Wesermarsch gebracht. Nach dem 2. Weltkrieg kamen in der Landwirtschaft auch Weizen-, Gerste- und Maisanbau und Schweine­zucht hinzu.