Aus der Chronik: Achim und Borstel im 19. Jahrhundert

von Hans Schneider nach der Chronik des Dr. Windel

„Sämtliche Ortschaften des Gohgerichts Achim werden seit dem Jahre 1826 in zwei Vogteien, der West- und Ost Vogtei, geteilt. Zur Ostvogtei, welche 4968 Einwohner hat, gehört neben vielen anderen Orten auch Borstel. Es ist ein Geest-Dorf mit mittelmäßiger Geest, mit Bruchweiden und Wiesen."

„1845 hat Borstel 104, Mandelsenborstel 41, insgesamt also 145 Einwohner. Im Alter zwischen 60 und 90 Jahren werden damals nur 7 Einwohner gezählt. In der Zeit von 1833 bis 1845 nimmt Borstel nur um sieben Einwohner zu."

Die hiesigen Bauern besaßen im Jahr 1845 Pflugköthner oder Handköthnerstellen, Brinksitzerstellen, Anbauer stellen und Häuslingsstellen. Da es in Borstel damals wahrscheinlich nur Pflug- oder Handköthnerstellen gab, sollen hier nur diese Namen erklärt werden. Da heißt es in Dr. Windels Aufzeichnungen:

„Pflugköthnerstellen heißen diejenigen, welche ursprünglich so vieles Land haben, daß zu dessen Bestellung Pferde und Pflug gehalten werden müssen, welche auch gleichzeitig dem Gutsherren mit dem Gespann dienen und zu Kriegerreisen und Gemeindearbeiten anspannen müssen."

„Handköthnerstellen heißen solche Höfe, deren Inhaber die Gutsherrschafts- und die Gemeinde-Handdienste verrichten müssen."

Auch werden von Dr. Windel noch Häuslingshäuser aufgeführt, die es damals sicherlich auch in Borstel gab.

„Es sind darunter diejenigen Wohnhäuser zu verstehen, welche der Gutsbesitzer auf eigene Kosten zur Wohnung von Altenteilen oder zum Vermieten an seine Landarbeiter aufgeführt hat. Es gab auch Häuslinge, die auf eigene Kosten, aber auf fremdem Grund und Boden, ihr Haus erbauen durften."

Interessant und zugleich amüsant ist eine Eintragung in der Chronik um 1830 über die zu große Anzahl unehelicher Geburten im Gohgericht Achim. Folgende Ursachen werden dafür angegeben: 1. Leichtsinn, Putz- und Vergnügungssucht, 2. allzu häufige Tanzvergnügen, 3. Einquartierung und militärische Durchmärsche, 4. die Bleicherhütten, worin die Dirnen in dem Wonnemonat des Nachts die Leinwand, aber nicht immer ihre Tugend hüten, die also für die Dörfer die Bordelle abgeben, 5. die verführerischen Lager- und Schlafstellen für Knechte und Mägde in den meisten Bauernhäusern, wo sich oft nur eine Schlafstelle für beide Geschlechter befindet."

Dr. Windel schreibt über die Sprache der Einwohner im Gohgericht Achim: „Die Sprache der Einwohner unserer Gegend ist allgemein die Niederdeutsche oder Plattdeutsche. Es ist aber wahrlich schade, daß die plattdeutsche Sprache, diese schöne, originelle, zum natürlichsten Ausdrucke des Wohllebens, der Freundschaft, kurz für diese zur Sprache guter Menschen so ganz gebildete plattdeutsche Mundart nach und nach aussterben und dem Hochdeutschen Platz machen muß. Es herrscht im ganzen Königreich Hannover keine so weiche Mundart in der plattdeutschen Sprache als in der hiesigen Gegend."